Manchmal will ich mich herausfordern. Unter Rückbesinnung auf die analoge Fotografie stellte ich mir die Frage:
Welches Foto würde herauskommen, wenn ich beim Portraitshooting nur einmal den Auslöser drücken dürfte?
Bei der analogen Fotografie ist es ähnlich beschränkt: Ein Kleinbildfilm hat oft 36 Fotos. Bei Mittelformat sind es schon noch weniger Bilder pro Filmrolle. Und bei alten Großformatsystemen muss noch häufiger gewechselt werden.
Inspiriert dazu hat mich folgendes Video, von einem analogen Fotografen zwischen Handwerk und Kunst:
Hier macht der Künstler auch nur ein Foto, das er sorgfältig vorbereitet hat. Zur Sicherheit noch ein zweites, wie er so schön sagt. Vielleicht mache ich zur Sicherheit auch noch ein zweites.
Natürlich will nicht aber auch nicht unnötig Zeit und Geld für nur ein Foto zu opfern. Daher wird das Fotoshooting auch nach dem ersten Foto weitergehen. Bis zu diesem Punkt will ich aber einfach simulieren, ich hätte nur einen Versuch.
Inhaltsverzeichnis
Komplettes Making-Of als Fotografie Vlog
In diesem Video nehme ich dichmit hinter die Kulissen. Ich zeige vom Finden der Location, über Posing, Ausleuchtung alles, was ich beachte:
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Vorbereitung: Die Ausrüstung
Wahrscheinlich habe ich mir vor einem Fotoshooting noch nie so viele Gedanken gemacht. Mit welcher Brennweite würde ich fotografieren, wenn ich nur einen Versuch hätte? Dafür will ich keine zu weitwinklige Linse nehmen, da hier durch ungewollte Verzerrungen viel schief gehen kann. Die Brennweite darf aber auch nicht zu lange sein, um nicht zu unflexibel zu werden. Außerdem will ich auch die Umgebung mit zur Geltung bringen.
Für dieses Foto will ich daher das Sigma 35mm 1.4 Art Objektiv verwenden.
Dazu nehme ich meine Sony gegenüber der Fujifilm für etwas mehr Möglichkeiten in der Nachbearbeitung und den Vollformat Bildlook.
Letztendlich kommt dann nur noch der Reflektor mit. Da ich das ganze alleine machen möchte, verzichte ich auf den Assistenten. Ich werde den Reflektor daher selbst halten oder mir eine Stelle auf dem Boden suchen.
Das Model ist niemand, den ich vorher noch nie getroffen habe. Fremde Leute sind anfangs meistens etwas verschlossen und zeigen nicht ihr wahres Gesicht. Man müsste sich vorher also erst etwas kennenlernen und locker werden.
Daher habe ich für dieses Shooting Nathalie ausgewählt. Wir hatten schon sehr oft das Vergnügen und verstehen uns sehr gut. Daher denke ich, dass die Verbindung zwischen Model, Fotograf und Kamera bereits hergestellt ist.
Links zur verwendeten Ausrüstung:
Vorgehen beim Shooting
Wie du im Video oben siehst: An etwas Smalltalk und Blödsinn kommt man nicht vorbei. Das lockert die Situation weiter auf.
Wenn ich mehrere Fotos machen könnte, würde ich wohl auch erst einfach mal ein paar Testfotos machen. Doch das ist heute nicht der Fall. Das erste Foto sollte sitzen. Daher muss man wie eben erwähnt mit dem Model schon etwas locker geworden sein.
Location und Licht finden
Wir wanderten also los durch die Natur und suchten an der Location noch den perfekten Ort. Spontan fanden wir auf der “Steppe” einen Ort mit einigen Bäumen. Auch wenn diese auch potentiell viel Ablenkung beherbergen: Dieser Ort hat einfach cool ausgesehen.
Das Licht war in diesem Fall auch leicht in der Handhabung – der Himmel war bewölkt und das Licht einfach nur diffus. Perfekt für ein Moody Portrait Foto.
Positionierung des Models & Bildgestaltung
Als nächstes wurde das Model positioniert. Dabei kommt es vor allem auf den Hintergrund an. Die vielen Äste sollten möglichst harmonisch um das Model herumlaufen. Aber niemals durften die dicken Äste direkt durch den Kopf fließen.
Mehr dazu gibt es in meinem ausführlichen Beitrag über Portrait Bildgestaltung.
Im Grunde erreicht man das nicht nur durch die Positionierung der Person vor der Kamera. Auch man selbst die Kamera am richtigen Ort im richtigen Winkel halten.
Posing des Models
Auch hier gingen die Trockenübungen weiter, dieses mal für Nathalie. Grundlegend habe ich ihr den Ausdruck und Posing überlassen. Ich habe lediglich ein paar Dinge korrigiert (die sie selbst nicht sehen kann). Immer der, der durch die Kamera schaut, muss entsprechend kommunizieren.
In diesem Fall ging es noch um die genaue Position der Hände, die ich so wählte, dass es mit dem gewählten Anschnitt übereinstimmt.
Bei all diesen Vorbereitungen schaute ich lediglich durch meinen Sucher und korrigierte immer wieder sowohl Model als auch Blickwinkel, bis es mir getaugt hat.
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Ausleuchtung mit natürlichem Licht
Letztendlich vollendete ich die Szene mit dem Reflektor, den ich selbst in der Hand gehalten habe. Dabei wollte ich eine leichte Aufhellung von unten. Dadurch bildet sich auch ein Reflex im Auge, der die Person einfach wesentlich lebendiger wirken lässt.
Nach all diesen Vorbereitungen bestätigte das kurze Klicken des Verschlussvorhangs, dass das Foto gemacht wurde.
All die angesprochenen Techniken sind im Grunde nur ein kleiner Auszug aus meinem Available Light Fibel E-Book. Wenn auch du kreative Outdoor Portraits mit natürlichem Licht fotografieren willst, empfehle ich dir dieses Buch. Dazu gibt es druckfertige Checklisten zum mitnehmen.
Das zweite Foto im Hochformat
Wie angesprochen will ich zur Sicherheit noch ein weiteres Bild machen. Dieses mal wählte ich das Hochformat. Ich finde auch sonst gerade eine ausgewogene Mischung zwischen Hoch- und Querformat sehr abwechslungsreich.
Dafür musste ich nur wieder meine Bildkomposition und Winkel neu finden. Auch ein paar Korrekturen am Posing wurden vorgenommen.
Somit waren die beiden Fotos gemacht, wodurch wir nun zum kurzen Teil in Lightroom kommen.
Sichtung und Bildbearbeitung
Wow, heute fällt die Nachbearbeitung sehr kurz aus. Kein langes Auswählen, keine Stapelverarbeitung. Lediglich zwei Fotos, das einfach nur für sich stehen. Ich muss also auch bei der Bearbeitung nicht darauf achten, dass der Bildlook wie sonst auf allen 30 Fotos gleich aussieht. Das erspart viel Arbeit.
Ich suchte also innerhalb von meinem THO Preset- und Profilpaket für Lightroom nach einer stimmungsvollen Kombination zwischen Preset und Profil. Dieses Paket empfehle ich dir, wenn du ebenfalls in kürzester Zeit solche moody Bildlooks in Lightroom bearbeiten möchtest.
Am Ende ist es das THO 05 Preset geworden – ein Profil wurde nicht gebraucht. Lediglich die obligatorischen Korrekturen von Weißabgleich, Belichtung und ein paar kleinen Grundeinstellungen wurden vorgenommen.
Vorher: Out of Camera / Nahher: THO 05 Preset
Vorher: Out of Camera / Nahher: THO 05 Preset
Das Endergebnis und Fazit
Das Fotoshooting ging anschließend natürlich noch weiter – aber wir haben simuliert, als wäre es das einzige Foto, das wir machen. Sonst fotografieren wir uns erst einmal 15-20 Minuten warm. Dann läuft es meistens wesentlich besser.
Die Herausforderung war es, gleich ab dem ersten Foto vieles richtig zu machen. Das versucht man natürlich ansonsten auch immer, aber dieses mal ganz besonders.
Dieses mal hat man sich sehr genaue Gedanken zum Vorgehen gemacht – alles muss bereits ab dem ersten Foto stimmen. Wenn es nicht gerade ein Kundenauftrag ist, tastet man sich meist eher durch Experimentieren an ein Ergebnis heran, das einem gefällt.
Ich denke allerdings, es ist ein Foto herausgekommen, das sich gut in meinen üblichen Stil einreiht. Im Nachgang mit etwas mehr Raum zum Experimentieren sind die Fotos natürlich auch nicht schlechter geworden. Auf die weiteren Fotos kommen wir vielleicht bald noch in einem Beitrag.
Ich lasse das nun einfach mal so im Raum stehen – ich bin zufrieden mit den beiden Fotos. Viel wichtiger finde ich es an dieser Stelle, auch dir die Empfehlung auszusprechen:
Zieh los und mach dir vor dem ersten mal Auslösen all diese Gedanken. Simuliere, als wäre es das einzige Foto, das du an diesem Tag machen darfst.
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Ich komme aus der Jahrzehnte langen analog Fotografie und kann sagen: Ja genau so wie Du es beschrieben hast, macht man das und nicht nur dann wenn Mittel beschränkt sind.
Allerdings habe ich in der Analogfilm-Zeit auch nicht nur ein Bild gemacht, sondern schon den ganzen Film mit mehreren kleinen Posingvarianten eines Posings durchgezogen.
Bewusst fotografieren und nicht bei Dauerfeuer auf “eins wird schon passen” hoffen, so mache ich das digital (und ab und zu analog) heute immer noch.
Eine wesentliche Lernhilfe für mich war das Buch:
Dr. Otto Croy “Das fotografische Portrait” am Beispiel großer Meister
Allerdings sind deine Ausführungen in deinen verschieden Unterseiten so ziemlich mit dem Besten, was ich bisher gesehen habe. Danke
René