Die kalte Jahreszeit steht an und du willst lieber innen fotografieren? Du willst dich nicht nur auf available light verlassen, sondern im Studio oder indoor eigene Szenarien erschaffen? Dann erfährst du hier mehr darüber, was du für gelungene Indoor Aufnahmen mit Blitz brauchst. Darüber hinaus stelle ich ein einfaches Blitz Setup vor, das du direkt nachbauen kannst.
Inhaltsverzeichnis
1. Die Ausrüstung für den günstigen Einstieg in die Blitz Fotografie
Was brauchst du alles für ein paar simple Indoor Blitzfotos? Ich stelle dir kurz die Basics vor und fasse dir dann alles in einer Liste mit Empfehlungen zusammen.
Die Blitze
Gleich vorneweg schon die Betonung auf den Plural – denn zwei Blitze sollten es schon sein. Warum erfährst du später. Die gute Nachricht ist, dass du keine teuren Studioblitze brauchst. Stattdessen reichen für den Anfang günstige Kompaktblitze völlig aus. Diese steckt man sich sonst direkt auf den Blitzschuh. Wir werden sie allerdings später im Raum verteilen und entfesselt blitzen.
Vorteil ist vor allem die Größe, Gewicht und die Stromversorgung. Diese erfolgt über Batterien, so dass wir keine Steckdosen benötigen. Nachteil ist jedoch, dass nicht unendlich viel Leistung zur Verfügung steht.
Wichtig um die Blitze im Raum verteilen und fernsteuern zu können, ist noch der Funksender. Über diesen lässt sich dann auch von der Kamera aus die Blitzstärke regulieren. Die Blitze haben den entsprechenden Empfänger bereits integriert.
Die Lichtformer
Die Blitze alleine machen ein sehr hartes licht. Dieses wollen wir etwas weicher machen. Deshalb verwenden wir als Lichtformer sog. Softboxen. Diese vergrößern die Lichtfläche des Blitzes und machen das Licht viel weicher. Das schmeichelt später unserem Model mehr.
In diesem Fall habe ich zu zwei Oktaboxen gegriffen. Diese gibt es auch speziell für die kleinen Kompaktblitze. Sie sind faltbar und damit auch mobil. Oktaboxen haben den Vorteil, dass sie einer Runden Form (wie der Sonne oder Laternen) sehr nahe kommen. Im Gegensatz zu eckigen Softboxen wird der Reflex im Auge deshalb fast rund.
Hier gilt je größer die Lichtquelle, desto weicher wird das Licht. Doch Achtung – wenn die Box zu groß gekauft wird (weil es ursprünglich eine Softbox für Studioblitze war), kann ein kleiner Systemblitz diese irgendwann nicht mehr effizient und gleichmäßig ausleuchten.
Die Hardware und Ständer
Unterschätze nicht die Wichtigkeit von Ständern bzw. Stativen. Du brauchst sie, so dass du deine Blitze sicher und dauerhaft in die gewünschte Position bringen kannst. Hier brauchst du pro Blitz noch jeweils ein Stativ. Ich empfehle für mind. einen Blitz eines mit montiertem Galgen. So kann das Licht einfacher positioniert werden, ohne dass das Stativ mit im Bild ist.
Produktempfehlungen
Ich benutze folgende Blitze (manuell, kein TTL):
- Yongnuo Speedlite YN560 III Blitz* – Starker Kompaktblitz mit integriertem Funkauslöser zum extrem fairen Preis
- Yongnuo YN560-TX Funkauslöser* – Funkauslöser für Yongnuo Blitze, auch Blitzstärke lässt sich fernsteuern
Empfehlungen für Softboxen:
- Firefly II Softbox* – 65cm Softbox speziell für Aufsteckblitze, ultra mobil durch Faltbarkeit und Tasche
Neben diesen Lösungen mit integrierter Aufsteckblitzhalterung können natürlich auch andere Softboxen verwendet werden. Dafür wird ein passender Adapter benötigt:
- Neewer S-Type Haltewinkel-Halter für Bowens* – Adapter erlaubt auch Softboxen mit Bowens Anschluss am Aufsteckblitz zu verwenden
- Phot-R 95cm 37.4 Zoll Softbox* – Große Softbox für weiches Licht. Kann für Aufsteckblitze lieber eine Nummer kleiner genommen werden. Ich benutze diese Softbox sonst mit einem Studioblitz, der sie besser ausleuchtet.
Folgende Lampenstative benutze ich:
- Walimex Lichtstativ* – Für den Anfang völlig ausreichend, für harten Dauereinsatz habe ich keine Erfahrungswerte
- Walimex Galgenstativ* – Durch den Galgen lässt sich der Blitz einfacher positionieren, Stative können besser versteckt werden
Ansonsten empfehle ich generell noch meinen Walimex Falthintergrund*, mit dem du an jedem Ort der Welt einen weißen oder schwarzen Hintergrund mitnehmen kannst. Dazu später mehr.
Mit diesen Dingen bist du gerüstet für die ersten Herausforderungen mit dem Blitz. Doch das Equipment ist schnell bestellt – was Zeit braucht ist es zu lernen, wie man damit umgeht. Nun folgt das Tutorial, wie du an die Sache herangehst.
2. Grundsätzliches zum Arbeiten mit Blitzen + Kameraeinstellungen
Ausblenden von Umgebungslicht
Blitzen ist eine Wissenschaft für sich. Alleine mit zwei Blitzen gibt es schon endlose Möglichkeiten, um das Licht zu positionieren. Was wir deshalb vermeiden wollen ist es, das natürliche Licht mit zu fotografieren. Dadurch kommt nicht nur eine weitere ungewollte Lichtquelle ins Spiel, sondern möglicherweise auch noch eine andere Lichttemperatur.
Mischlicht und ungewollte Lichteinstrahlungen wollen wir unbedingt vermeiden.
Deshalb lässt du die Blitze erst einmal aus. Jetzt stellst du ohne Blitzlicht die Kamera so ein, dass ein fast komplett schwarzes Bild entsteht. Damit hast du das noch vorhandene Umgebungslicht ausgeblendet. Die Blitze hingegen sind um einiges stärker als die meisten Lichtquellen und “übertönen” das noch vorhandene Restlicht somit.
Dadurch wird es auf dem Bild dann so aussehen, als ob nur die Blitze aktiv waren. Dennoch war das Licht noch an und dieses braucht man meistens auch. Da die Kompaktblitze kein Einstelllicht haben (= Licht von Studioblitzen, das bereits vor dem Auslösen dauerhaft leuchtet), brauchen wir noch etwas Umgebungslicht, um ordentlich fokussieren zu können.
Wichtig: In diesem Fall blitzen wir nicht mit High Speed Sync, wodurch auch sehr kurze Verschlusszeiten funktionieren. Daher finden wir uns für den Anfang damit ab, dass die Verschlusszeit nicht kürzer als 1/200S gestellt werden kann. Ansonsten schafft es der Blitz nicht mehr richtig während der Verschlusszeit auszulösen und wir erhalten schwarze Streifen im Bild.
Kamereinstellungen
Daraus folgen nun die Kameraeinstellungen. Du stellst die Verschlusszeit kürzestens auf 1/200S ein. Sollten dennoch schwarze Streifen über einer Bildhälfte erscheinen, so kannst du auch auf 1/160S gehen.
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Dann stellen wir die Blende ein, je nachdem mit wie viel Tiefenunschärfe wir unser Foto gestalten wollen. Und darauf noch den ISO – so niedrig wie möglich. Sollte das Foto daraufhin nicht komplett dunkel sein, muss sofern beim ISO nichts mehr geht, die Blende geschlossen werden.
Ein Beispiel aus meinen Fotos wäre:
ISO 100 – F2.0 – 1/160S
Das passende Objektiv finden
Für das Fotografieren mit dem Blitz empfehle ich Objektive ab 50mm Brennweite. Am besten geht es aber (je nach Platz vor Ort) sogar in den Telebereich hinein. Der Vorteil?
So lassen sich Blitze möglichst nah beim Model positionieren. Ohne dass man später Softboxen oder Gestänge der Stative mit im Bild hat. Würde man mit einem Weitwinkel Objektiv fotografieren, hätte man ständig zu viel von der Kulisse und damit die Blitztechnik im Bild.
3. Aufstellen der Blitze
Bevor wir nun die Blitze einstellen, müssen wir zunächst einmal in der richtigen Position aufstellen.
Die Nähe der Blitze zum Motiv
Grundsätzlich gilt:
Stell den Blitz so nah wie möglich auf.
Durch die Nähe zur fotografierten Person wird das Licht weicher und gerichteter, als würde es weiter weg im Raum stehen. Das Licht ist hier auch viel direkter und stärker, da die Lichtstärke in der Distanz auch abnimmt. Für batteriebetriebene Kompaktblitze muss man das Thema Leistung auch immer im Hinterkopf behalten und entsprechend näher herangehen.
Die einzige Begrenzung der Möglichkeiten ist das Kameraobjektiv und die räumlichen Begebenheiten. Man will dennoch nicht den Blitz mit auf dem Bild haben. Deshalb bestimmt dieser Faktor, wie weit das Licht von der Person weg positioniert wird.
Wie gesagt empfehle ich von daher eine Optik ab 50mm, meistens arbeite ich mit 85mm. So fotografiert man in einem kleineren Winkel und kann geschickt an den Softboxen vorbeifotografieren und sich eine Lücke zum Motiv suchen. Es gilt also immer einen Kompromiss zwischen Nähe der Blitze und dem Verstecken der Blitze auf dem Endergebnis zu finden.
Ein einfaches Blitzsetup aus zwei Kompaktblitzen
Nun will ich kurz eine einfache Anordnung der Blitze beschreiben. Diese funktioniert in vielen Situationen sehr gut. Dafür stellst du zunächst den Blitz mit der größeren, weicheren Softbox vor das Model. Am besten etwas weiter oben über den Kopf, so dass ein natürliches Licht simuliert wird (in der Welt kommt das Licht eben meistens von oben und nicht von unten).
Natürlich kannst du das Licht auch leicht nach links oder rechts verschieben. So kannst du einen dramatischeren Schattenwurf erzielen. Dieses vordere Licht leuchtet unser Model grundlegend aus, so dass wir etwas auf dem Foto erkennen können. Dieses Licht wird auch Fülllicht genannt.
Den zweiten Blitz stellst du nun genau gegenüber hinter dein Model, also um 180° gedreht. Dieses Licht kann auch etwas härter sein, also eine kleinere Softbox oder härteren Lichtformer verwenden. Denn dieses Licht hat nicht die Aufgabe das Model von Grund auf auszuleuchten. Das erledigt schon das weiche Licht vorne.
Stattdessen wollen wir hier nur einen Akzent setzen und eine Gegenlicht Situation erzeugen. So entsteht u.a. um den Kopf, die Haare und Körper herum eine Art Schein. Dieser sorgt für mehr Räumlichkeit auf dem Foto und hebt das Hauptmotiv vom Hintergrund ab.
Hier sprechen wir von einem Streiflicht oder auch Haarlicht.
Hinweis: Das Streiflicht ist falsch gesetzt, falls Lichtstrahlen über das Ohr bis ins Gesicht abwandern. In diesem Fall solltest du den Blitz weiter hinten positionieren.
Die richtige Blitzstärke finden
Nun schmeißt du beide Blitze auf einmal an und ballerst richtig los. Nein – so einfach ist es dann doch nicht. Ausgangspunkt ist unser komplett unterbelichtetes Foto vom Raum, auf dem das vorhandene Licht ausgeblendet wirde. Nun beginnst du mit dem Fülllicht. Das Streiflicht lässt du noch aus.
Regle die Blitzstärke nach und nach hoch, bis du das Model gut erkennen kannst und du denkst, es ist hell genug ausgeleuchtet. Erst dann nimmst du auf die selbe Art und Weise das Streiflicht dazu. Erhöhe die Stärke so lange, bis du einen schönen Akzent auf den Haare oder seitlichen Kopf erkennst. Achte darauf, dass nichts wirklich ausbrennt.
Wenn beide Blitze dann auf der richtigen Stärke blitzen, kannst du dich um das Posing vom Model kümmern und anfangen zu shooten.
4. Bonus: Überall Fotos vor Studiohintergrund machen
Nicht immer braucht man für Fotos mit einheitlich schwarz oder weißem Hintergrund gleich ein komplettes Hintergrund System mit Kartonrolle. Wie oben empfohlen bieten auch Falthintergründe vielseitige Einsatzmöglichkeiten.
Das ist im Grunde nichts anderes, als ein überdimensionierter Faltreflektor mit zwei Seiten: Meist schwarz und weiß. Er ist so groß, dass gerade so eine Person davor Platz findet und man leicht Oberkörper Porträts machen kann. Dafür empfehle ich Brennweiten ab 85mm, ansonsten deckt der Hintergrund meist nicht den ganzen Bildausschnitt ab.
Den Falthintergrund kannst du dir hier bestellen*. Er ist zudem mit der weißen Seite auch noch als Reflektor für kleine Gruppenaufnahmen bei available light nutzbar.
Fazit
Das war es schon. Und mit diesem einfachen Blitzsetup kann man schon sehr viel machen. Funktioniert natürlich nicht nur innen. Es ist vielseitig einsetzbar und bietet viel Potential zum experimentieren. So kannst du nach und nach deinen eigenen Stil finden.
Das hier ist natürlich nur ein sehr kurzes Anschneiden der weiten Welt der Blitzfotografie. Ich habe mich absichtlich erst einmal nur auf Softboxen beschränkt. Es gibt natürlich noch viele weitere Lichtformer, die ich aber für die einfache Erklärung außen vor gelassen habe.
Der große Vorteil ist, dass man aktuell mit den kleinen Kompaktblitzen eine Menge machen kann – und das zu sehr günstigen Preisen. Der Funksender kann natürlich noch mehr als zwei Blitze auslösen – und das sogar in verschiedenen Stärken der einzelnen Gruppen. Das ganze System ist also beliebig erweiterbar.
Am Anfang reichen jedoch zwei Blitze völlig aus. Wichtiger ist es, ein Gefühl dafür zu bekommen, wo du die Blitze optimal positionierst. Ein paar Zentimeter können einen gewaltigen Unterschied bedeuten.
In diesem Sinne wünsche ich dir viel Spaß beim Experimentieren!
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Hallo Alex,
Nur eins … dem gibt es nichts hinzu zu fügen. Hab die Yongnuos schon ein paar Jahre, hab zwischenzeitlich auch Godox ausprobiert und echt Geld gelassen. Die gehen nach einem kleinen Marathon aber auf Störung wo die Yongnuos noch fleißig weiter arbeiten und viel günstiger sind. Einfache Kombination, gute Kontrolle und funktioniert auf jeder Kamera die einen Mittenkontakt für den Blitz hat. Was will man(n) mehr.
Ich würde jeder Zeit mit deinen Tipps genau so starten und hätte noch einen Tipp für Einsteiger zu den erwähnten Blitzen. Schaut mal in den Blitz Blog den ihr bei Google findet. Mehr Info zu den Teilen gibt’s nirgends.
Viel Spaß beim Ausprobieren
Ewald
Lieber Markus,
ich habe ein bißchen nachgelesen und da scheint der Yongnuo YN560-TX II auch mit den Yongnuo Speedlite YN560 III zu können. Der ist erhältlich und den habe ich bestellt und auch schon erhalten, aber noch nicht ausprobiert. Ich hoffe, es wird funktionieren. Was glaubst du?
liebe Grüße
Alexander
Lieber Markus,
der Yongnuo Flash Controller ist dzt nicht verfügbar bei Amazone. Was kann man stattdessen verwenden, was mit den von dir angegebenen Yongnuo Blitzen funktioniert?
liebe Grüße
Alexander
Hallo Alexander,
mittlerweile empfehle ich die Ausrüstung von Godox inkl. Sender. Das habe ich in folgendem Beitrag beschrieben: https://journal.markusthoma.com/ausruestung-fotostudio-einrichten/
VG
Markus