Urbane bzw. Street Style Portraits sind aktuell gefragt wie nie. Charakteristisch sind hier oft Sonnenuntergang, Gegenlicht, kürzere Brennweiten und eine entspannte Atmosphäre. Im nächsten Moment können die Fotos aber auch wieder angespannt oder ernst wirken. Es ist also sehr vielseitig, was hier entstehen kann – wenn man denn weiß, wie es geht.
Dass auch dein nächstes Fotoshooting auf den Straßen der Stadt zu gelungenen Portraits im urbanen Stil führt, will ich im Folgenden die wichtigsten Tipps zusammenfassen.
Urbane Street Portraits zu fotografieren sehe ich als Unterkategorie der allgemeinen Menschen Fotografie, über die du hier noch einmal alle Portrait Grundlagen im großen Leitfaden findest.
Inhaltsverzeichnis
1. Das richtige Outfit finden
Bevor das Shooting überhaupt los geht, kommt die Frage Nummer eins unter Models:
Was soll ich anziehen?
Oft findet das Model von selbst etwas, wenn du ein paar entsprechende Moods bzw. Inspiration von Pinterest rüberschickst. Doch oft will man das ganze als Fotograf auch noch etwas lenken. Also – welche Klamotten sind “in” zum urbanen Fotoshooting?
Nicht einmal so einfach, denn: Es gibt keine Regeln. Mit dieser Umgebung ist vieles kombinierbar. Vom lässigen Alltagsstyle mit Jeans, über ein Fashion Outfit, elegantes Kleid oder etwas freizügiger ist alles möglich.
Man kann durch das Outfit schon einmal grundlegend entscheiden, ob das Shooting eher “cool”, “lässig”, “elegant”, “sexy” oder “frech” werden soll. Lass dich also von deinen gesammelten Moods bzw. Beispielbildern für das Shooting leiten. Am einfachsten ist es immer, wenn das Model einfach verschiedene Outfits bzw. Klamotten mitbringt.
Dann könnt ihr vor Ort auch noch entscheiden, was gerade am besten zur Location passt.
Zum Outfit zählen indirekt natürlich auch Requisiten, über die ich dir im Beitrag “Foto Requisiten: So erzählst du Geschichten durch Fotoshooting Accessoires” bereits alles Wissenswerte geschrieben habe.
2. So findest du spannende Fotografie Orte
Nicht immer kann man mit dem Auto direkt zum Shooting-Ort vorfahren. Und das sollte man auch nicht. Stattdessen erkundet man die Stadt zu Fuß und achtet auf coole Orte. Diese können auch schon durch kleinste Details zu etwas besonderem werden.
Im Beitrag “Wie du aus einer Fotolocation mehrere Kulissen zauberst” zeige ich dir auch, wie einfach es ist an einem Ort die unterschiedlichsten Portraits zu machen. Hierfür unterteilst du den Ort gezielt in diverse “Bereiche”. Diese trennst du dann voneinander ab und erhältst so gleich mehrere verschiedene Orte.
Konzentriere dich also auf einen besonderen Spot, den du vor Ort findest.
Auf was sollte man nun achten? Was macht einen guten Fotografie Ort aus?
- Zunächst sollte man natürlich bedenken, dass der Ort hauptsächlich einmal den Fotohintergrund bildet. Man sollte sich also vorstellen, wie dieser wohl nachher unscharf auf dem Foto aussieht. Zu vermeiden ist dabei, dass der Hintergrund zu auffällig wird. Sonst kann er auch schnell zu sehr vom Model ablenken. (Mehr dazu im Abschnitt über Komposition)
- Weiter sollte der Ort gutes Licht vorweisen können. Dieser Punkt ist meistens das A und O, um ein schönes Bild aufnehmen zu können.
Zu diesen zwei Punkten komme ich gleich noch genauer.
Meistens ist es also am besten, die Stadt zu Fuß zu erkunden und nach Spots Ausschau zu halten. Andersherum ist es auch möglich, sich wieder von bestehenden Portraits auf Pinterest oder Instagram für eine Fotografie Location inspirieren zu lassen.
3. Diese Ausrüstung brauchst du für Street Fotos
Ich gehe im Folgenden davon aus, dass du so wie ich auch nur mit natürlichem Licht fotografieren willst. Das hat den Vorteil, dass die Fotografie Ausrüstung nicht überhand nimmt, da du keine Blitz mitschleppen musst. Und dadurch wird es erst wie oben beschrieben erst möglich, dass man locker mit dem Model zu Fuß durch die Stadt zieht und Locations findet.
Konkret benötigst du also folgendes:
Eine Kamera. Ich selbst fotografiere am liebsten mit einer Vollformat-Kamera. In meinem Fall ist das aktuell noch die Canon EOS 5D Mark III. Aber auch mit meiner Fujifilm X-T2 macht das Fotografieren trotz APS-C Sensor viel Spaß und liefert ebenfalls gute Ergebnisse.
Ein Objektiv. Am besten verwendest du ein lichtstarkes Objektiv mit Festbrennweite. Dadurch kann man besser mit der Tiefenunschärfe spielen. Zudem liefert eine Festbrennweite immer bessere Qualität und zwingt dich dazu, dich zu bewegen und so mehr zu experimentieren. Ich empfehle eine Brennweite von 24mm bis 85mm. Das kommt natürlich auch auf deine Vorliebe an – mir wird das Bild bei 24mm zu weitwinklig und über 85mm zu “unbeweglich”. Am Ende solltest du selbst einmal jede Brennweite ausprobiert haben. Hierbei arbeite ich am liebsten mit dem 50mm Objektiv der Sigma Art Serie* oder mit dem 23mm 1.4 Objektiv für die Fujifilm*.
Tipp: Wenn du dir erst noch eine Festbrennweite anschaffen musst, aber vielleicht ein Zoom Objektiv zur Hand hast: Stelle die möglichen Brennweiten ein und experimentiere, wie du damit zurechtkommen würdest. Dann kannst du heraus finden, welche Brennweite du dir am besten anschaffst.
Einen Reflektor. Der Reflektor kostet nicht viel, nimmt unterwegs nicht viel Platz weg und wiegt quasi nichts. Trotzdem kann er Fotos enorm verbessern, deshalb nimm ihn unbedingt mit. Wenn du ihn doch nicht brauchen solltest, hast du dir dennoch durch das Tragen nicht den Rücken kaputt gemacht. Ich arbeite seit 7 Jahren mit dem selben günstigen Delamax 5 in 1 Faltreflektor*.
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Das war es auch schon – mehr brauchst du eigentlich nicht, weil du dich ansonsten am vorhandenen Licht der Location orientierst.
4. Passendes Licht finden und nutzen
Eine Voraussetzung bei der Locationsuche ist auch zu prüfen, ob das Licht gut ist. Was ist aber “gutes Licht”?
Hierfür gibt es viele Möglichkeiten, doch die häufigsten zwei sind folgende:
- Das Licht ist durch direktes Sonnenlicht hart und es entstehen coole Licht- und Schattenspiele, mit denen das Model interagieren kann
- Das Licht ist durch Schatten weich und kommt gleichmäßig aus einer Richtung
Schattenspiele findet du generell auf dem Boden wieder. Das kann z.B. durch einen Gartenzaun passieren, wodurch du das Streifenmuster auf dein Model bringen kannst. Oder durch Schatten von Blättern, die du auf das Gesicht deines Models werfen kannst. Ein weiterer positiver Effekt von direktem Sonnenlicht ist, dass Gegenlichtspiele mit Lensflares (Blendenflecken) möglich sind.
Die zweite Möglichkeit ist die, dass das Licht gleichmäßig aus einer Richtung kommt (am besten seitlich). Wenn der Himmel nicht durch eine Wolkendecke gerade diffuses Licht wirft, findest du solche Situationen an sonnigen Tagen vor allem im Schatten. So wird mit geschickter Platzierung das Gesicht deines Models gleichmäßig und weich ausgeleuchtet werden können.
5. Orte für gelungene Bildgestaltung analysieren
Allgemein finde ich es schwieriger, in urbanen Locations eine Komposition zu bestimmen als in der Natur. Wieso?
Man findet hier generell mehr “harte” Linien, die man in der Bildgestaltung beachten und “entschärfen” muss.
Das kann ein Geländer, Bordstein oder andere durchgezogene, dickere Elemente sein. All diese Objekte musst du in deine Bildgestaltung mit einbringen und vermeiden, dass sie das Model unvorteilhaft schneiden.
Störend kann es also sein, wenn ein Geländer direkt hinter dem Kopf liegt und diesen so abschneidet. Solche Gegebenheiten will man dann generell durch Veränderung des eigenen Standorts und Winkels zum positiven verändern.
Wie du genau für gelungene Bildgestaltungen vorgehst, was du beachten musst und welche Elemente es noch gibt erfährst du zusammen mit Negativbeispielen im Beitrag “Fotografie Bildkomposition: 7 simple Regeln für geniale Portrait Bildgestaltung”.
Probiere also dein Model möglichst harmonisch vor deine gewählte Location zu bringen. Mache dir Gedanken, von wo bis wo du deinen fotografischen Rahmen des Suchers setzt. Nun achtest du darauf, wie sich die Linien und Elemente darin zueinander verhalten. Dabei helfen Raster wie der Goldene Schnitt.
Um ein Foto räumlicher wirken zu lassen, solltest du nicht nur probieren z.B. von oben oder unten zu fotografieren (statt einfach frontal ohne Winkel). Auch solltest du Tiefenunschärfe einsetzen. Was du hier beachten solltest findest du im Beitrag “Wie du Tiefenunschärfe auch ohne Blende kontrollierst und lebendig einsetzt”.
6. Lockeres Posing beim Urban Fotoshooting
Ein Teil, bei dem auch weitere Linien entstehen können, ist das Posing. Hier geht es darum, das Model so zu positionieren, um es überhaupt vorteilhaft abbilden zu können. Und eben auch, dass weitere spannende Linien und Formen entstehen.
Alle Tricks, um ein einfaches Posing mit natürlicher Anmutung hinzubekommen, findest du im Beitrag “Portrait Posen: 5 Posing Tipps für ungestellte Fotos”.
Ein guter Tipp ist es, eine Szene zu erschaffen, in der sich das Model bewegen kann, statt gezielte Winkel-Angaben für die Kinnhöhe vorzugeben. So entsteht eine lockere Anmutung.
7. Portrait durch Nachbearbeitung finalisieren
Der erste Schritt der Nachbearbeitung ist es, die Fotos auf den Rechner zu übertragen. Bevor du die Fotos bearbeitest musst du dann eine Auswahl treffen, welche Fotos überhaupt gut geworden sind. Wie du dich hier nach und nach in Lightroom durch kämpfst habe ich im Beitrag “Fotoverwaltung Lightroom: In einfachen Schritten vom Import zum ausgewählten Foto” ausführlich beschrieben.
Als nächstes folgt dann die Bearbeitung eines stimmungsvolle Farblooks:
Hier solltest du nach und nach Kontrolle darüber erlangen, was jeder einzelne Regler macht. Und dich nicht nur auf fertige Presets verlassen. Wie du solche Farblooks ausgehend vom RAW-Schritt für Schritt in Lightroom erstellst, zeige ich dir in meinem Videotraining “Farben Meistern – Einfach stimmungsvolle Farblooks in Lightroom erstellen”, das ich dir hier in Eigenwerbung empfehlen will.
Der Vorteil in Lightroom liegt darin, dass du den erstellten Farblook dann innerhalb von Sekunden auf eine ganze Serie legen kannst. Und auch einfache Retusche-Arbeiten erledige ich mittlerweile damit, um den Zeitbonus weiter zu nutzen.
Fazit: Ein urbanes Street Portrait fotografieren
Wie du siehst gibt es für Outdoor Porträts eine Menge zu beachten. Am Ende müssen alle Faktoren miteinander harmonieren – gewähltes Outfit, Location, Blickwinkel, Komposition und Posing. Ich gehe sogar soweit zu sagen, dass du auch beim Fotografieren schon an die Nachbearbeitung denken solltest.
Alles zusammen kombiniert ergibt dann das Foto, welches eine Stimmung und Atmosphäre verkörpert.
Am liebsten fotografiere ich solche Street Porträts (aber auch andere) mit leichtem Equipment. Erst dadurch wird man mobil und kann spannende Orte und Kulissen erkunden.
Das setzt voraus, dass man aktiv auf seine Umwelt und auch das vorherrschende Licht achtet. Anschließend richtet man sich vollkommen nach der Lichtstimmung und den äußeren Umständen, denen man sich fügen muss.
Einen kompletten Leitfaden für gelungene Outdoor-Porträts findest du in meinem Available Light Fibel E-Book, das ich ebenfalls in Eigenwerbung empfehlen will. Hier erfährst du nicht nur im Detail alles über Model, Location, Bildgestaltung und Lichtfindung. Sondern auch alle Tricks, wie du mit available light umgehst, was du bei Regen machst, ungewöhnliche Einsatzmöglichkeiten des Reflektors, Einstellungen für knackscharfe Fotos und vieles mehr. Vorteil ist hier, dass du das Wissen kompakt in einem einzigen E-Book vorliegen hast und dazu auch noch eine Checkliste für das perfekte Outdoor Porträt dazu bekommst.
In diesem Sinne hoffe ich, dass du deine Portraits beim nächsten Urban Fotoshooting mit den Tipps aus diesem Beitrag weiter verbessern kannst!
Models: Enisa Medar & Lisa Langeberger
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Schöner Beitrag, Markus … ich frage mich nur (auch wenn Du das allgemeiner meinst) wofür Du bei dem Licht der Beispielbiler einen Reflektor brauchst ;) :P …
Danke Marcus! Das mit dem Reflektor ist natürlich allgemein gemeint – dennoch hatte ich ihn wohl bei jedem der gezeigten Shootings dabei. Lässt sich auch vielseitig anders benutzen und ist nicht nur für Licht ein nützliches Hilfsmittel. Allerdings hat er mir auch so schon oft aus der Patsche geholfen. Deshalb empfehle ich ihn immer dabei zu haben! :-)